Unser Experte für Flexibilitätsvermarktung Benedikt Dahlmann berichtet über interessante Möglichkeiten zur innovativ gelebten Energiewende!
Das deutsche Energieversorgungssystem befindet sich aktuell in einem noch nie dagewesenen fundamentalen Transformationsprozess – hin von einer konventionell zu einer mit erneuerbaren Energie getriebenen Stromversorgung.
Der ursprüngliche Kraftwerkpark mit konventionellen Stromerzeugern, der auf Grund-, Mittel- sowie Spitzenlastkraftwerke basiert, ist sehr flexibel und kann in Abhängigkeit der Stromnachfrage deren Produktion steuern.
Die Zukunft ist von volatiler Stromproduktion geprägt
Aufgrund der Verlagerung zu den erneuerbaren Stromerzeugern, wie z.B. Photovoltaik- oder Windkraftanlagen und dem zukünftigen Wegfall vieler konventioneller Kraftwerke, kommt es in Zukunft zu Zeiträumen, in denen mehr bzw. weniger elektrische Energie, als von Verbrauchern benötigt, eingespeist wird. Im zukünftigen Energieversorgungssystem folgt also nicht mehr wie ursprünglich die Erzeugerseite der Verbraucherseite, sondern wird vom Einspeisedargebot der erneuerbaren Energien bestimmt.
Darüber hinaus ist der Einsatz bzw. die Einspeisung von konventionellen Kraftwerken präzise planbar, so dass die eingespeisten Energiemengen langfristig und über einen langen Zeitraum gehandelt werden können. Im Gegensatz dazu werden Erneuerbare Stromerzeuger zum Großteil vom Wind- und Sonnendargebot beeinflusst und können somit nur auf Basis von fehlerbehafteten Einspeiseprognosen langfristig vermarktet werden. Die Mehrzahl der erneuerbaren Energien wird dabei über den Kurzfristhandel der European Power Exchange (EPEX Spot SE), dem sogenannten Spotmarkt vermarktet.
Der Spotmarkt gewinnt im Rahmen des Ausbaus der erneuerbaren Energien stetig an Liquidität und Handelsteilnehmern. Hinsichtlich des Handels am Spotmarkt ist der Börsenstrompreis als ein zentrales Steuersignal für Handelsteilnehmer zum Ausgleich von Erzeugung und Verbrauch im Stromgroßhandel anzusehen. Flexibilitätsoptionen werden dafür eingesetzt, den elektrischen Energiebedarf von Verbrauchern dahingehend wirtschaftlich zu optimieren, dann viel Energie zu beziehen, wenn der Börsenstrompreis hierfür niedrig ist bzw. den Verbrauch zu reduzieren, wenn der Börsenstrompreis hoch ist. Im Umkehrschluss bedeutet dies für Stromerzeuger, die Stromproduktion in Zeiten hoher Börsenstrompreise zu erhöhen bzw. in Zeiten niedriger zu reduzieren. Hierbei ist zu beachten, dass der Bedarf an Flexibilitätsoptionen aufgrund der Dargebotsabhängigkeit der erneuerbaren Energien und der hierdurch einhergehenden Prognoseungenauigkeit mit zunehmender Anzahl dezentraler Erzeugungsanlagen steigt.
Unflexibles Verhalten hinsichtlich der Erzeugung sowie des Verbrauchs wird zukünftig dazu führen, dass die Energiebezugskosten für Verbraucher steigen bzw. die Erlöse für Erzeuger sinken.
Quelle: Expertenwissen & Dahlmann, Benedikt: Aktivierung und Vermarktung industrieller Flexibilitätsoptionen mittels eines dynamischen Stromtarifs (Neue Energie aus Wuppertal, 28), 2020.